HCS Human Capital SystemVirtuelles Lebenswerk von Heinrich Keßler, Appenweier


Kontext: Begriffe in Projekten und im Projektmanagement


Begriff: Strategeme.

Strategeme

Strategeme richten sich eher nach außen, also auf das, was außerhalb der Organisationsgrenzen liegt und wirkt.

Strategeme werden in der Literatur als Zeitfiguren, Raumfiguren oder Zeitraumfiguren beschrieben. Beteiligt sind in der Regel unmittelbare, nicht kooperierende Nachbarn, denen es wechselseitig z.B. geht um

  1. die Erlangung oder Erhaltung bestimmter Positionen,
  2. die Erlangung oder Erhaltung oder Erweiterung des Einfluss- und Machtbereiches,
  3. die Abwehr von Gefährdungen und Gefahren,
  4. die Abwehr von Einfluss oder Macht, Abhängigkeiten,
  5. die Erreichung von Gefälligkeiten,
  6. die Erreichung von Duldungen,
  7. die Erlangung von (größeren) Vorteilen,
  8. die Aufrechterhaltung der Grenzen, Unterschieden und Distanzen; Aufrechterhaltung der Nichtintegration.

Bei Strategemen sind "die Anderen" die potenziellen oder tatsächlichen Gegner, wobei und worum und weshalb und wozu auch immer. Es geht um Rivalität, Wettbewerb oder konkrete Gegnerschaft, weil unterschiedliche Interessen vertreten werden, die jeweils gegen die anderen durchgesetzt oder erhalten oder gestärkt werden sollen. In der Regel wird dabei davon ausgegangen, dass dies nur möglich ist, wenn z.B.

  1. der Gegner ausgeschaltet wird, unwirksam gemacht wird, ruhig bleibt,
  2. der Gegner so geschwächt wird, dass er seinen Widerstand aufgibt,
  3. der Gegner aus Eigennutz seine bisherigen anderen Interessen aufgibt und folgt,
  4. die eigenen Mittel geschont werden,
  5. die eigenen Mittel besonders wirksam (gegen den Gegner) werden,
  6. die eigene Position gestärkt wird,
  7. die Unterwerfung unter den Gegner vermieden wird,
  8. der Gegner bei eventuellen Angriffen zumindest wieder zurückgedrängt werden kann,
  9. der Gegner seine Interessen ändert und seine Kräfte gegen Anderes richtet,
  10. jeder der Gegner einsieht und respektiert, dass ein Angriff zu größeren eigenen Verlusten als möglichen Gewinnen führen wird.

Strategeme sind Werkzeuge z.B.

  1. der Organisationsform,
  2. der Geschäftspolitik,
  3. der Produktpolitik, dem Produktportfolio und Leistungsportfolio,
  4. der Marktstrategie, im Marketing und Vertrieb,
  5. der Personalstrategie,
  6. der Beschaffungsstrategie, im Einkauf,
  7. der Diplomatie,
  8. der Parteien aller Art, Interessensvertretungen, Verbände, Gewerkschaften und Lobbyisten aller Art,
  9. der Politik,
  10. des Militärs, der Kriegsführung.

Viele Strategeme werden in Sagen, Märchen und durch Geschichtserzähler sowie Erfahrungsberichten beschrieben: Sie enthalten Grundregeln

  1. des Lebens und Überlebens,
  2. für die Aufnahme, Erhaltung und Gestaltung von Existenz,
  3. für die Aufnahme, Entwicklung, Erhaltung und Beendigung von Partnerschaften,
  4. für den Umgang mit den eigenen Kräften,
  5. Handeln, Verhandeln, Austausch, auch z.B. für Kompromisse, "faule" Kompromisse und "Kuhhandel" zum Interessenabgleich und -ausgleich.
  6. für das Verhalten in verschuldeter und unverschuldeter Not,
  7. für den Rückzug aus Sackgassen, Fehlern oder Fehlentscheidungen,
  8. für die Wiederherstellung gestörter Beziehungen,
  9. für die Lösung von tiefliegenden Konflikten,
  10. für die Bewältigung von Krisen.

Alle Märchen gehen "gut" aus, was bedeutet, dass das jeweilige Strategem letztendlich zu einem guten Ende führte.

Bei Strategemen geht es selten um momentane und rasche Erfolge oder Gewinne, sondern um nachhaltige, dauerhafte und tragfähige, die durch die Strukturen sowohl ermöglicht als auch gehalten werden.

Typische Strategeme sind in und mit Organisationen z.B.

  1. Täuschungen oder Vortäuschungen, Heuchelei,
  2. List, Tücken, Fallen, auch Heimtücke,
  3. Widerstand, insbesondere passiver Widerstand,
  4. Störung oder Zerstörung von Schlüsselbeziehungen, Ressourcen oder anderen wesentlichen Grundlagen, Rufmord, Spionage, Sabotage,
  5. Streiks, Demonstrationen, Boykott,
  6. Allianzen, Verbünde und Verbände, Kartelle,
  7. Feindbilder,
  8. Drohszenarien, Katastrophenszenarien,
  9. Überraschungsangriffe, Überfälle, z.B. aus dem Hinterhalt,
  10. Machtübernahmen.

Unterschiede, Abgrenzungen und Verbindungen zu Projekten und zum Projektmanagement:

Projekte können selbst Strategeme sein bzw. als Strategem eingesetzt werden.

Innerhalb von Projekten und durch Projekte bzw. das Projektmanagement können Strategeme eingesetzt werden, um z.B.

  1. für das Projekt ein angemessenes Projektfeld und für das Projektmanagement ein ausreichendes Handlungs- und Entscheidungsfeld zu erhalten und zu behalten.
  2. das Projekt ungestört durchführen zu können,
  3. um Dritte von einer Auseinandersetzung mit dem Projekt oder dem Projektmanagement fern zu halten oder eben diese Auseinandersetzung zu erzwingen,
  4. die Vorteile und Vorrechte des Projekts auch bei wandelnden Interessen oder bei Veränderungen zu behalten.

Für alle Strategeme gilt: Sie erreichen die Ziele beim ersten Mal - oder nie.

Wenn Strategeme gegen Verbündete oder Partner eingesetzt werden und von diesen erkannt werden, ist das Vertrauen für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit in der Regel nachhaltig gestört. Der Aufwand, sich wechselseitig gegeneinander abzusichern, wird riesig: Wo bisher ein Handschlag genügte, werden kiloschwere formale Verträge nötig (und meist verlässlich nach Schlupflöchern untersucht, die dann auch -allseitig- genutzt werden.)