Planungsstand: "Die Berechnungen und Bewertungen sind abgeschlossen."
Bewertungen sind immer subjektiv. Die ihnen zu Grunde gelegten
Berechnungen und Annahmen können zwar durch Dritte, Daten oder
Fakten bestätigt und belegt werden, dennoch ist und bleibt die
Bewertung eine subjektive.
Bewerten sind immer von den Absichten und Zwecken sowie den
situativen Umständen der Bewertung abhängig. Bewertungen werden
immer von Menschen vorgenommen. (Maschinen können bestenfalls etwas
berechnen, aber niemals bewerten.)
Bewertungen können z.B.
- zu früh erfolgen, z.B. auf Grund von Vorurteilen, Unwillen,
überschwänglicher Begeisterung,
- zu spät erfolgen, d.h. erst "wenn der Markt verlaufen ist"
und die Bewertung nicht mehr erforderlich wird oder ist,
- einseitig erfolgen, z.B. wenn zur Bewertung nur solche
Kriterien hinzugezogen oder zugelassen werden, die
voraussichtlich zu einem erwünschten Bewertungsergebnis führen,
- zu viele Optionen offen oder zulassen, d.h. die Bewertungen
werden nicht ausreichend scharfgestellt, so dass sie zu
eindeutigen Ergebnissen führen (müssen),
- nur eine Entscheidung zulassen, d.h. die Bewertungen
verschließen alle bestehenden Alternativen,
- einem (offenen oder heimlichen) Wunsch oder Auftrag folgen:
Die Bewertungen liefern die erwarteten (und bezahlten)
Ergebnisse, z.B. bei Gutachten, Tests,
- manipuliert werden, z.B. indem Interessen oder Kriterien in
den Vordergrund gestellt werden, die alle Bewertungsvorgänge
beherrschen,
- leichtsinnig oder dilettantisch erfolgen, z.B. wenn einige
wenige Daten generalisiert werden oder generelle Daten auf den
Einzelfall ungeprüft übernommen werden,
- falsch sein, wenn z.B. nach ungeeignete Kriterien bewertet
wurde,
- richtig oder zumindest brauchbar bzw. verwendbar sein.
Typische Bewertungskriterien sind z.B.
- Passung, z.B. zur Organisation, zu den Kompetenzen, zu den
Strategien, zum Budget, zu den Partnern, zu den Prozessen,
- Eignung, z.B. der Organisation, der Personen, der Produkte,
der Einrichtungen,
- Kompatibilität, z.B. mit den Strukturen, Technologien,
Einrichtungen, Prozessen, anderen Vorhaben,
- Attraktivität, z.B. für das Unternehmen, für Kunden,
- Nutzen, z.B. für das Unternehmen, für Experten, für die
Wissenschaft und Forschung,
- Nachhaltigkeit, z.B. von Gewinn, Folgenlasten, Folgekosten,
- Wirtschaftlichkeit, z.B. Dauer der Amortisation der Kosten,
Anfälligkeit, Dauer,
- Neuerungswert, z.B. von Innovationen, Design, Anwendungen,
Gebrauch,
- Wiederverwendbarkeit, z.B. von Hilfsmitteln, Werkzeugen,
Einrichtungen, Ergebnissen,
- Folgen, z.B. für das Unternehmen, die Personen, Natur,
Umfeld, Umwelt,
- Risiken, z.B. von Scheitern, Abbruch, Haftungen,
- Chancen, z.B. für weitere Projekte, Produkte, Märkte,
Entwicklungen,
- Kalkül, z.B. bezüglich Reaktionen von Dritten.
In Organisationen und insbesondere in Projekten um im
Projektmanagement sind folgende Bewertungen nahezu immer
zweckdienlich:
- Welche Kriterien werden für die Bewertungen herangezogen
bzw. zugelassen?
- Welche Anforderungen werden an die einzelnen Kriterien
gestellt, die bei der Bewertung ausschlaggebend sind?
- Was sind die Mindestgrößen, Mindestwerte, Untergrenzen?
- Was sind die Höchstwerte, Obergrenzen? (Z.B. Budget,
Personaleinsatz.)
- Werden die Kosten durch Erträge gedeckt?
- Rechtfertigt sich der Aufwand?
- Wo ist mit einem kleinen oder kleinerem Aufwand eine große Wirkung zu
erzielen?
- Erscheinen die Ergebnisse mit den vorgesehenen Mitteln
erreichbar?
- Erscheinen die Ergebnisse in der vorgesehenen Zeit
erreichbar?
- Erscheinen die geforderten oder gewünschten Qualitäten
erreichbar?
Jede Bewertung sollte mit einer eindeutigen Einschätzung
(Ergebnis genannt) enden, z.B.
- Ja, d.h. die Anforderungen an das jeweilige Kriterium werden
erfüllt, oder
- Nein, d.h. die Anforderungen an das jeweilige Kriterium
werden nicht erfüllt, oder
- dennoch "Ja", wenn nur einzelne unwesentliche Kriterien
nicht oder nicht ausreichend erfüllt sind,
- dennoch "Nein", wenn nur einzelne wesentliche Kriterien
nicht oder nicht ausreichend erfüllt sind.
Vielfach empfiehlt es sich, "unbefangene" Dritte zu den
Bewertungen hinzuziehen, um die unvermeidliche Tendenz zu
verringern, mit der "rosaroten Brille" oder "schwarzen Brille" nur
das zu sehen, was man sehen möchte. Bei der Auswahl von Dritten
sollte berücksichtigt werden, dass auch Dritte niemals objektiv,
sondern immer nur "nach bestem Wissen und Gewissen" bewerten und zu
ihrer Bewertung bzw. Urteil kommen. Die Gründe hierfür sind z.B.
- auch Dritte haben eine bevorzugte Sichtweise,
- professionelle Schwarzseher machen alles kaputt,
- wenn eigene Interessen oder Nutznießungen durch die Dritten
zu erwarten sind, ist mit einer tendenziösen Bewertung zu
rechnen,
- Gleichgesinnte verstärken (unbewusst oder absichtlich) die
erwünschte Bewertung,
- Geschäftstüchtige greifen die "guten Ideen" ab und verwerten
sie selbst,
- die bewertenden Dritten haben im Zweifelsfall "einen Namen
zu verlieren" bzw. pflegen ihr Image durch die Bewertungen,
- die bewertenden Dritten können bestimmte Kriterien nach
anderen Anforderungen bewerten und gewichten und deshalb zu
Fehlbewertungen, Fehlurteilen oder Fehleinschätzungen kommen,
- auch den bewertenden Dritten stehen letztlich keine besseren
Informationen oder Erkenntnisse zur Verfügung,
- die bewertenden Dritten können eventuell für ihre
Bewertungen haftbar gemacht werden und gehen deshalb keinerlei
Haftungsrisiko ein,
- die bewertenden Dritten können auch nicht "in die Zukunft
schauen" und vorhersagen, was wirklich eintreten wird.
Eine Bewertung kann immer nur durch eine natürliche Person
erfolgen. Techniken wie z.B. Berechnungsprogramme können zwar
Berechnungen erstellen, niemals die Ergebnisse bewerten.
(Eine automatisierte Entscheidung ist die Ausführung eines
Programmes, jedoch niemals kein Ergebnis irgendeiner Bewertung.)
Mahnungen:
Bewertungen erfordern einen klaren Standpunkt zum zu Bewertenden
und eine eindeutige Sichtweise ("Brille") auf das zu Bewertende.
Wer sich nicht festlegen will, darf oder kann verheddert sich in
den widersprüchlichsten Bewertungen und Bewertungsergebnissen: "Er
sieht den Baum vor lauter Wald nicht mehr."
Wer seine Sichtweise wechselt wie das Chamäleon die Farbe, wird
keine Bewertung zu Ende bringen: immer neue Kriterien und immer
weitere Anforderungen scheinen immer weitere Bedeutungen zu
erhalten. All das kostet Zeit und Geld, ohne dass dadurch die
Bewertung einfacher würde.
Ein Verzicht auf eine (offizielle) Bewertung unterstützt Willkür
und Beliebigkeit.
...und die Moral von der Geschichte oder: Was ist das Ergebnis?
Bewertungen machen begreifbar und angreifbar. Sie trennen
Personen in
- Befürworter und Gegner,
- Interessierte und Uninteressierte,
- Mitträger und Mitläufer,
- Mitstreiter und Widersacher,
- Mitmacher und Widerstrebende,
- Wohlwollende und Missgünstige,
- Engagierte und Abwartende,
- Wissende und Besserwissende,
- Verantwortliche und Unverantwortliche,
- Verantwortungsträger und Verantwortungslose.
Notorische Bedenkenträger
erschweren die Bewertungen zusätzlich. Gegebenenfalls "mit dem Kopf
durch die Wand gehen können" ersetzt keine Bewertung, sondern ist
bereits eine.
Auch die Bewertung aller Bewertungen ist eine ebensolche.
Das Ergebnis der Bewertungen ist Ermutigung oder Ernüchterung
oder Begeisterung. Ein "negatives" Ergebnis einer Bewertung ist noch
keine Entscheidung gegen das Vorhaben. Ein "positives" Ergebnis ist
noch keine Entscheidung für das Vorhaben.
Die Bewertungen entstehen iterativ. Einmal getroffene Bewertungen
sind von Zeit zu Zeit zu aktualisieren. Insbesondere sind die dann
gemachten Erfahrungen, die Zwischenergebnisse und die neuen
Einschätzungen einzuarbeiten.