Planungsstand: "Die Vollmachten sind formal erteilt."
Die Vollmachten für Entscheidungen im Projekt und
im Projektmanagement sind festgelegt und organisiert. Die entscheidenden
Personen können, sollen, dürfen oder müssen entscheiden.
Durch eine Vollmacht überträgt eine mächtige Person einen Teil
ihrer Macht auf eine andere Person. In der Regel weisen wirksame
Vollmachten z.B. einige der folgende Merkmale auf:
- Die Vollmacht ist an eine bestimmte Person gebunden.
- Die Vollmacht erlischt, wenn der Vollmachtgeber stirbt oder
nicht mehr in seiner Machtposition ist, die ihm die
Bevollmächtigung erlaubte.
- Die Vollmacht gilt auch über den Tod des Vollmachtgebers
hinaus, z.B. häufig bei Verfügungsvollmachten über Bankkonten.
- Die Vollmacht ist zeitlich begrenzt.
- Die Vollmachten sind inhaltlich begrenzt, z.B. für bestimmte
Fälle.
- Einige Vollmachten sind wegen ihrer Außenwirkungen
gesetzlich geregelt, wie z.B. Prokura, Generalvollmacht.
- Die Beschränkungen der Vollmachten gelten nur im
Binnenbereich, nicht in der Außenwirkung, wie z.B.
Stellvertretungsvollmacht, Unterschriftsvollmacht.
- Die bevollmächtigte Person ist zum Verhalten, Handeln und
Entscheiden zur strikten Loyalität gegenüber dem Vollmachtgeber
verpflichtet.
- Wird die Vollmacht nicht genutzt oder missbraucht, wird dies
als Untreue geahndet.
- Vollmachten setzten Sachverstand weder voraus noch kann es
ihn ersetzen oder ergänzen.
Vollmachten verpflichten zur Verantwortung für die übertragene
Macht und Vollmacht: Die Vollmacht verpflichtet zum aktiven Handeln
und Eingreifen sowie zum Entscheiden und Verhalten entsprechend der
Vollmacht und im Sinne der Bevollmächtigung.
Durch Vollmachten an
die Personen werden die Grenzen der Zuständigkeiten festgelegt.
Typische Probleme:
- Die Vollmachten können kleiner sein als die Gewichte der
Entscheidungen, die zu treffen sind. Dann ist zu erwarten, dass
sich die Personen "als nicht zuständig" erklären, ohne jedoch
Veranlassungen zu treffen, dass die dennoch zu treffenden
Entscheidungen von kompetenten und verantwortlichen Personen
getroffen werden bzw. getroffen werden können. Oder aber, die
Personen üben sich in permanenter Kompetenzüberschreitung. Es
entstehen die Phänomene und Wirkungen der Anscheinsvollmacht und
der Duldungsvollmacht.
- Die Vollmachten können größer sein als die Gewichte der
Entscheidungen, die zu treffen sind. In solchen Fällen erleben
die bevollmächtigten Personen kaum Entscheidungskonflikte. Die
Vollmachten können zu so genannten "Schönwettervollmachten"
degenerieren, was besagen will, dass die Personen sich nicht
(mehr) trauen, bis an die Grenzen ihrer Vollmacht zu gehen, wenn
es mal nötig ist und deshalb z.B. rasch rückdelegieren.
- Doppelzuständigkeiten: Folgen: Um angenehme Entscheidungen
wird rivalisiert, unangenehme Entscheidungen werden hin- und
hergeschoben.
- Nichtzuständigkeiten: Die Entscheidung "bleibt offen" oder
es tritt das Phänomen auf: "Es hat sich entschieden.", d.h.
niemand hat tatsächlich eine Entscheidung getroffen, aber alle
tun so, als ob eine vorläge und verhalten sich dementsprechend.
Geht die Sache schief, ist niemand auszumachen, der eine
Entscheidung getroffen hat: Ein Sündenbock wird dann immer
gefunden. Es ist meistens die Person, die zuletzt aktiv war.
- Nichts geregelt: Häufiges Phänomen: Jeder weiß, wie
entschieden werden müsste, aber es bestehen keine Regelungen,
wie diese Entscheidung offiziell und verbindlich werden könnte.
Folgen: Zeitverzögerungen, Rückabsicherungen, Rückdelegationen,
ewige Besprechungen und Abstimmungen auch über Kleinkram.
- Jeder meint, zuständig zu sein. Folgen: Jeder entscheidet
nach Belieben. Mit viel Glück, passen die Entscheidungen aller
zusammen. Im Regelfall jedoch nicht, was zu erheblichen
Schwierigkeiten und Streitigkeiten führen kann - und wird.
- Jeder ist zuständig. Das ist das Feld für Entscheidungen im
individuellen Arbeitsalltag und der alltäglichen
Arbeitsorganisation.
- "Schönwettervollmachten": Die Vollmacht bzw. die
Zuständigkeit ist diffus beschrieben oder es besteht sogar die
Abrede, dass "in allen wichtigen Fragen Rücksprachen zu nehmen
sind", auch für Entscheidungen, die "eigentlich" im
bevollmächtigten Rahmen liegen. In der Regel fördert das nur die
Unverantwortlichkeit und Wichtigtuerei gegenüber Dritten.
- Es werden keinerlei Vollmachten erteilt. Dadurch wird
sichergestellt, dass alle Entscheidungen durch die ranghöchste
Person zu treffen sind. Alle sind aufgerufen und verpflichtet,
die Entscheidungen bestmöglich vorzubereiten. Erlaubt bzw.
gefordert werden meistens Empfehlungen für die jeweils
anstehenden Entscheidungen.
- Generalvollmacht, Prokura, Handlungsvollmacht: Die Person
darf alle Entscheidungen treffen, die im Rahmen der ihr
erteilten Aufträge und offiziell übertragenen Zuständigkeiten in
eigener Verantwortung und nach eigenem Gusto treffen.
In jeder Organisation werden die Vollmachten auch durch Symbole
übertragen und markiert sowie begrenzt. Z.B. durch
- Zugehörigkeit zu einer bestimmten Hierarchie.
- Berechtigung zum Führen eines bestimmten Titels oder einer
bestimmten Funktionsbezeichnungen.
- Zugehörigkeit zu einem bestimmten Fachgebiet.
Mahnungen:
Vollmachten und Zuständigkeiten sind getrennt zu betrachten.
Vollmachten sind an Verantwortungen gekoppelt. Also Vorsicht,
wenn jemand mit seiner "Vollmacht" in der Luft herum wedelt.
...und die Moral von der Geschichte oder: Was ist das Ergebnis?
Vollmachten sind ein formales Organisationsmittel. Sie sollten
nur erteilt werden, dann aber konsequent, wenn die Menge von
Entscheidungen nicht mehr durch die formal unverändert zuständige
und verantwortliche Person etroffen werden kann, soll,
will oder darf.
Vollmachten sind keine Incentives und sollten niemals als
Personalinstrument z.B. der Belobigung und Anerkennung eingesetzt
werden.
Die im Projektmanagement eingesetzten Personen benötigen klare
Vollmachten. Sie sollten die Personen bevollmächtigen, alle
Entscheidungen IM Projekt treffen zu können. Bereits bestehende
Vollmachten sind in der Regel zu erweitern oder zu begrenzen.
Der Umfang der Inhalte der Vollmachten in Projekten und für das
Projektmanagement wird in der Regel in einem iterativen
Prozess ermittelt. Insbesondere werden die Vollmachten strikt auf
die jeweiligen Personen und auf ihre Verantwortungen im Projekt und
für das Projektmanagement begrenzt.