HCS Human Capital SystemVirtuelles Lebenswerk von Heinrich Keßler, Appenweier


Kontext: Begriffe in Projekten und im Projektmanagement


Planungsstand: "Die Vollmachten sind formal erteilt."

Die Vollmachten für Entscheidungen im Projekt und im Projektmanagement sind festgelegt und organisiert. Die entscheidenden Personen können, sollen, dürfen oder müssen entscheiden.

Durch eine Vollmacht überträgt eine mächtige Person einen Teil ihrer Macht auf eine andere Person. In der Regel weisen wirksame Vollmachten z.B. einige der folgende Merkmale auf:

  1. Die Vollmacht ist an eine bestimmte Person gebunden.
  2. Die Vollmacht erlischt, wenn der Vollmachtgeber stirbt oder nicht mehr in seiner Machtposition ist, die ihm die Bevollmächtigung erlaubte.
  3. Die Vollmacht gilt auch über den Tod des Vollmachtgebers hinaus, z.B. häufig bei Verfügungsvollmachten über Bankkonten.
  4. Die Vollmacht ist zeitlich begrenzt.
  5. Die Vollmachten sind inhaltlich begrenzt, z.B. für bestimmte Fälle.
  6. Einige Vollmachten sind wegen ihrer Außenwirkungen gesetzlich geregelt, wie z.B. Prokura, Generalvollmacht.
  7. Die Beschränkungen der Vollmachten gelten nur im Binnenbereich, nicht in der Außenwirkung, wie z.B. Stellvertretungsvollmacht, Unterschriftsvollmacht.
  8. Die bevollmächtigte Person ist zum Verhalten, Handeln und Entscheiden zur strikten Loyalität gegenüber dem Vollmachtgeber verpflichtet.
  9. Wird die Vollmacht nicht genutzt oder missbraucht, wird dies als Untreue geahndet.
  10. Vollmachten setzten Sachverstand weder voraus noch kann es ihn ersetzen oder ergänzen.

Vollmachten verpflichten zur Verantwortung für die übertragene Macht und Vollmacht: Die Vollmacht verpflichtet zum aktiven Handeln und Eingreifen sowie zum Entscheiden und Verhalten entsprechend der Vollmacht und im Sinne der Bevollmächtigung.

Durch Vollmachten an die Personen werden die Grenzen der Zuständigkeiten festgelegt.

Typische Probleme:

  1. Die Vollmachten können kleiner sein als die Gewichte der Entscheidungen, die zu treffen sind. Dann ist zu erwarten, dass sich die Personen "als nicht zuständig" erklären, ohne jedoch Veranlassungen zu treffen, dass die dennoch zu treffenden Entscheidungen von kompetenten und verantwortlichen Personen getroffen werden bzw. getroffen werden können. Oder aber, die Personen üben sich in permanenter Kompetenzüberschreitung. Es entstehen die Phänomene und Wirkungen der Anscheinsvollmacht und der Duldungsvollmacht.
  2. Die Vollmachten können größer sein als die Gewichte der Entscheidungen, die zu treffen sind. In solchen Fällen erleben die bevollmächtigten Personen kaum Entscheidungskonflikte. Die Vollmachten können zu so genannten "Schönwettervollmachten" degenerieren, was besagen will, dass die Personen sich nicht (mehr) trauen, bis an die Grenzen ihrer Vollmacht zu gehen, wenn es mal nötig ist und deshalb z.B. rasch rückdelegieren.
  3. Doppelzuständigkeiten: Folgen: Um angenehme Entscheidungen wird rivalisiert, unangenehme Entscheidungen werden hin- und hergeschoben.
  4. Nichtzuständigkeiten: Die Entscheidung "bleibt offen" oder es tritt das Phänomen auf: "Es hat sich entschieden.", d.h. niemand hat tatsächlich eine Entscheidung getroffen, aber alle tun so, als ob eine vorläge und verhalten sich dementsprechend. Geht die Sache schief, ist niemand auszumachen, der eine Entscheidung getroffen hat: Ein Sündenbock wird dann immer gefunden. Es ist meistens die Person, die zuletzt aktiv war.
  5. Nichts geregelt: Häufiges Phänomen: Jeder weiß, wie entschieden werden müsste, aber es bestehen keine Regelungen, wie diese Entscheidung offiziell und verbindlich werden könnte. Folgen: Zeitverzögerungen, Rückabsicherungen, Rückdelegationen, ewige Besprechungen und Abstimmungen auch über Kleinkram.
  6. Jeder meint, zuständig zu sein. Folgen: Jeder entscheidet nach Belieben. Mit viel Glück, passen die Entscheidungen aller zusammen. Im Regelfall jedoch nicht, was zu erheblichen Schwierigkeiten und Streitigkeiten führen kann - und wird.
  7. Jeder ist zuständig. Das ist das Feld für Entscheidungen im individuellen Arbeitsalltag und der alltäglichen Arbeitsorganisation.
  8. "Schönwettervollmachten": Die Vollmacht bzw. die Zuständigkeit ist diffus beschrieben oder es besteht sogar die Abrede, dass "in allen wichtigen Fragen Rücksprachen zu nehmen sind", auch für Entscheidungen, die "eigentlich" im bevollmächtigten Rahmen liegen. In der Regel fördert das nur die Unverantwortlichkeit und Wichtigtuerei gegenüber Dritten.
  9. Es werden keinerlei Vollmachten erteilt. Dadurch wird sichergestellt, dass alle Entscheidungen durch die ranghöchste Person zu treffen sind. Alle sind aufgerufen und verpflichtet, die Entscheidungen bestmöglich vorzubereiten. Erlaubt bzw. gefordert werden meistens Empfehlungen für die jeweils anstehenden Entscheidungen.
  10. Generalvollmacht, Prokura, Handlungsvollmacht: Die Person darf alle Entscheidungen treffen, die im Rahmen der ihr erteilten Aufträge und offiziell übertragenen Zuständigkeiten in eigener Verantwortung und nach eigenem Gusto treffen.

In jeder Organisation werden die Vollmachten auch durch Symbole übertragen und markiert sowie begrenzt. Z.B. durch

  1. Zugehörigkeit zu einer bestimmten Hierarchie.
  2. Berechtigung zum Führen eines bestimmten Titels oder einer bestimmten Funktionsbezeichnungen.
  3. Zugehörigkeit zu einem bestimmten Fachgebiet.

Mahnungen:

Vollmachten und Zuständigkeiten sind getrennt zu betrachten.

Vollmachten sind an Verantwortungen gekoppelt. Also Vorsicht, wenn jemand mit seiner "Vollmacht" in der Luft herum wedelt.

...und die Moral von der Geschichte oder: Was ist das Ergebnis?

Vollmachten sind ein formales Organisationsmittel. Sie sollten nur erteilt werden, dann aber konsequent, wenn die Menge von Entscheidungen nicht mehr durch die formal unverändert zuständige und verantwortliche Person etroffen werden kann, soll, will oder darf.

Vollmachten sind keine Incentives und sollten niemals als Personalinstrument z.B. der Belobigung und Anerkennung eingesetzt werden.

Die im Projektmanagement eingesetzten Personen benötigen klare Vollmachten. Sie sollten die Personen bevollmächtigen, alle Entscheidungen IM Projekt treffen zu können. Bereits bestehende Vollmachten sind in der Regel zu erweitern oder zu begrenzen.

Der Umfang der Inhalte der Vollmachten in Projekten und für das Projektmanagement wird in der Regel in einem iterativen Prozess ermittelt. Insbesondere werden die Vollmachten strikt auf die jeweiligen Personen und auf ihre Verantwortungen im Projekt und für das Projektmanagement begrenzt.